Es gibt viele verschiedene Materialprüfungen, die sich je nach Ziel, Verfahren und Materialart unterscheiden.
Die Prüfungen lassen sich grundsätzlich in zwei Hauptkategorien unterteilen:
1. Zerstörende Materialprüfungen (ZP)
Das Material oder Bauteil wird während der Prüfung beschädigt oder zerstört,
um bestimmte Eigenschaften exakt zu messen.
Typische zerstörende Prüfverfahren:
Verfahren |
Zweck |
Typische Ergebnisse |
Zugversuch |
Material wird bis zum Bruch gedehnt |
Elastizitätsmodul, Streckgrenze, Zugfestigkeit, Bruchdehnung |
Druckversuch |
Material wird gestaucht |
Druckfestigkeit (z.B. bei Beton oder Keramik) |
Biegeversuch |
Probestab wird gebogen |
Biegefestigkeit, Bruchverhalten |
Kerbschlagbiegeversuch (Charpy, Izod) |
Schlagartige Belastung auf kerbgeschwächtes Probestück |
Zähigkeit, Sprödigkeit bei verschiedenen Temperaturen |
Härteprüfung |
Eindringen eines Prüfkörpers in das Material |
Härtewerte (Brinell, Rockwell, Vickers) |
Ermüdungsprüfung |
Wiederholte Belastung über viele Zyklen |
Lebensdauer unter zyklischer Beanspruchung |
Dauerfestigkeitsprüfung |
Langzeitbelastung mit konstantem Lastniveau |
Dauerfestigkeit, Kriechverhalten |
Bruchmechanische Prüfung |
Untersuchung von Rissausbreitung |
Risszähigkeit, kritische Spannungsintensität |
Wärmebehandlung & Glühversuche |
Verhalten bei hohen Temperaturen |
Strukturveränderungen, Gefügeuntersuchung |
2. Zerstörungsfreie Prüfungen (ZfP)
Das Bauteil bleibt unversehrt, diese Methoden eignen sich besonders für Serienprüfung, Wartung und Sicherheitsüberwachung.
Typische zerstörungsfreie Prüfverfahren:
Verfahren |
Prinzip |
Typischer Einsatz |
Ultraschallprüfung (UT) |
Schallwellen werden ins Bauteil gesendet, Echo zeigt Fehlstellen |
Rissprüfung, Wanddickenmessung |
Röntgen-/Durchstrahlungsprüfung (RT) |
Röntgen- oder Gammastrahlen durchleuchten das Material |
Schweißnähte, Lunker, Gussfehler |
Magnetpulverprüfung (MT) |
Magnetisierung + ferromagnetisches Pulver zeigen Risse an der Oberfläche |
Nur bei ferromagnetischen Werkstoffen |
Farbeindringprüfung (PT) |
Farbe dringt in Risse ein, Entwickler macht diese sichtbar |
Oberflächenrisse bei nicht-magnetischen Materialien |
Wirbelstromprüfung (ET) |
Elektromagnetische Induktion erzeugt Ströme → Störungen zeigen Fehler |
Risse, Materialverwechslung, Härteverläufe |
Thermografie (IRT) |
Infrarotkamera misst Temperaturverteilungen |
Delaminationen, innere Schäden |
Sichtprüfung (VT) |
Sichtkontrolle per Auge, Lupe, Kamera |
Erste Qualitätsprüfung, Schweißnähte, Oberflächenfehler |
Akustische Emission |
Überwachung von Geräuschen bei Belastung |
Frühwarnsysteme z.B. bei Druckbehältern, Brücken |
Schallemissionsprüfung |
Analyse von Mikroschallwellen bei Materialbruch oder Spannungen |
Strukturüberwachung bei Brücken, Windrädern etc. |
3. Werkstoffanalytische Prüfungen
Verfahren |
Beschreibung |
Spektralanalyse / RFA / OES |
Chemische Zusammensetzung von Metallen |
Mikroskopie (z.B. Metallografie) |
Gefügeaufbau, Korngröße, Phasen |
Rasterelektronenmikroskop (REM) |
Hochauflösende Untersuchung von Oberflächen |
Röntgendiffraktometrie (XRD) |
Kristallstruktur- und Phasenanalyse |
Thermoanalyse (DTA, DSC, TGA) |
Verhalten bei Temperaturänderung (z.B. Schmelzpunkt, Zersetzung) |
Anwendung je nach Branche
Branche |
Typische Prüfungen |
Bauwesen |
Druckprüfung bei Beton, Ultraschall an Bewehrungsstahl |
Automobilbau |
Zugversuche, Härteprüfungen, Rissprüfungen an Karosserien |
Luftfahrt |
Röntgen, Ultraschall, Thermografie an CFK-Bauteilen |
Medizintechnik |
Werkstoffanalysen, Biokompatibilitätsprüfung |
Energietechnik |
Schallemission, Ultraschall bei Turbinen oder Pipelines |
Fazit
Die Wahl des Prüfverfahrens hängt vom Werkstoff, dem Bauteil, der Sicherheitsrelevanz,
der Zugänglichkeit und davon ab, ob man das Bauteil danach weiterverwenden will oder nicht.